Wie ist das möglich? Warum spielen Inhalte keine Rolle? Warum spielen Erfolge oder Misserfolge keine Rolle?

Ein Bürgermeister, der in den vergangenen sechs Jahren seiner Regentschaft kein einziges eigenes Projekt umgesetzt hat, ja gar keines erfolgreich initiiert hat, wird von 2/3 der Wähler*innen wiedergewählt. Jemand, der von einem beschlossenen Investitionsvolumen von ca. 6 Mio € mehr als 5 Mio € NICHT umgesetzt hat, der somit mehr oder weniger nichts getan hat, bleibt Bürgermeister. Ein rational nicht nachvollziehbares Ergebnis.

Im Folgenden werde ich meine Analyse der Wahl aus mehreren Sichtweisen darlegen und zeigen, welche Mechanismen hier aus meiner Sicht gegriffen haben.

  1. Inhalte interessieren nicht!
  2. Untätigkeit wird mit “Der lässt mich in Ruhe“ legitimiert
  3. Opferstatus – das Opfer ist der neue Held
  4. Klientelpolitik – oder der Faktor der familiären Banden
  5. Einer von uns – Lokalpatriotismus
  6. Keine Veränderung – eine Art ewiggestrigen Konservatismus
  1. Inhalte interessieren nicht

Dieses Faktum ist bei Personenwahlen in den letzten Jahren zunehmend zu beobachten und kein Alleinstellungsmerkmal für Steffenberg. Allerdings werden in der empirischen Forschung vordergründig größere Kommunen bzw. Städte untersucht. In kleineren oder kleinsten Kommunen, zu denen sicherlich Steffenberg gehört, spielen konkrete Inhalte und Umsetzungen für die Wahlentscheidung eine Rolle.

In Steffenberg allerdings überhaupt nicht. Das hat aus meiner Perspektive mehrere Gründe. Zum einen ist es die Ahnungslosigkeit und Perspektivlosigkeit des Kandidaten Wege. Ein Blick auf seine HP verrät, wes geistig Kind er ist: Kein einziges wirkliches politisches Ziel hat er erreicht. Stattdessen kann man lesen, dass er mit Menschen gesprochen hat und zu Fuß zur Arbeit geht. Ehrenwerte Aspekte – aber keine wirklich politischen Ziele. Alle weiteren Punkte seines “Programms“ sind Platzhalter, die er mit keiner einzigen konkreten Maßnahme verbindet. Dieses Unwissen haben wir in den vergangenen 6 Jahren in jeder öffentlichen Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses erfahren können, eher müssen. Einige Sitzungen musste mangels Informationen abgebrochen werden – alles in der heimischen Presse nachzulesen!

Erinnern sich die Bürger*innen denn nicht mehr an die Dienstwagenaffäre, die Klärschlammtrocknungsanlage, die er als „Bio-Gas-Anlage wie in Stausebach“ bezeichnete, den noch immer nicht umgesetzten Bürgerbus, den „Beinaheabriss“ des Rathauses ohne Ersatz, die geplanten Grundstückskäufe zum Hochwasserschutz in Niederhörlen ohne konkrete Planung, das Nichtbeantragen des Hochwasserschutzes….nahezu unendlich.

Zum anderen ist es die Erzählung der so genannten “Steffenberg Verhältnisse“, die dazu führen, dass Menschen sofort abwinken, wenn ein politisches Thema angesprochen wird. Hiermit wird auf eine Art Dauerkonflikt zwischen divergierenden Interessen gezielt, die letztlich aber konstitutiv, sprich Sinn stiftend für politische Prozesse in pluralistischen Demokratien sind. In Steffenberg existiert keine Kultur eines Diskurses, es herrscht vielmehr eine Art Wagenburgmentalität vor, die jegliche andere Position als feindlich interpretiert. Das gilt für alle Seiten gleichermaßen.

Diese Karte hat auch Gernot Wege gezielt ausgespielt und politische Kontroversen auf eine emotionale Ebene erniedrigt. Gerade in Bezug auf die Auseinandersetzung um die künftige Nutzung des Steinbruchs in Steinperf hat er oft eine unsachliche Position eingenommen. In diesem Falle haben er und die Presse ein vorliegendes grundlegendes Fehlverständnis der Menschen von Politik und vor allem von Demokratie benutzt, um die Deutungshoheit über den Sachverhalt zu erlangen: Die Fehlvorstellung, dass Streit, dass die Kontroverse schlecht sei. Dabei wird eine Vorstellung von Konfliktlösungen ins Zentrum gerückt, die wir aus unserem familiären Umfeld kennen. Danach ist Streit schlecht und zu vermeiden. Für politische Kontroversen ist diese Betrachtung ungeeignet und letztlich fehlerhaft.

Am Ende haben auch viele Gemeindevertreter eine Entscheidung getroffen, die sachlich nicht begründbar war, sondern rein emotional mit der Dauer der Kontroverse und aus einer “ich bin es leid“- Position gefällt wurde. Inhalte spielten am Ende keine Rolle.

Genau wie in diesem Wahlkampf. Zukunftsthemen wurden von Gernot Wege noch nie besetzt, da er aus seiner durchweg konservativen, teilweise reaktionären Haltung heraus gar keine konkrete Vorstellung von einer “anderen“ Zukunft entwickeln kann. Für ihn bedeutet Zukunft die Fortschreibung des gestrigen, des wie es schon immer war. Die von ihm genannten Themen sind so unkonkret und inhaltsleer, dass er sie in jede Richtung interpretieren kann. Zukunft begreift er aus einem naiven, egozentrischen Ich heraus und Zukunft bedeutet für ihn persönliches, familiäres Wohlergehen. Einen Sinn für Gemeinwohl kann man in seinen Aussagen und Handlungen nicht erkennen. In diesem Stile begreift er sich als Verwalter des Bestehenden. Dieses Momentum ist die zentrale Erkenntnis seiner bisherigen und seiner zukünftigen Regentschaft und greift auf alle weiteren Analyseebenen über:

Ich bin kein Gestalter, sondern Verwalter!

Fortsetzung folgt morgen…